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01 13
Farbenrausch im Folkwang
Umfassende Ausstellung expressionistischer Malerei im Essener Folkwang-Museum. Große Sache, eines dieser sogenannten "Kulturereignisse", entsprechend riesig beworben, alle bekannten Namen, teils weltbekannte Werke - und so lang die Schlangen der Besucher am Freitagabend unter der leichten, harten Glasarkade des neumodernen Musentempels von Chipperfield. Voll ist es, bestürmt geradezu, nur wenn Leute rauskommen dürfen Leute rein. Mit fast der ganzen Familie stehen wir an (kalter Wind) und schieben uns dreißig Minuten lang langsam vorwärts. Ein gesellschaftliches Highlight. Dann sindwa drin. An der Kasse, an der Garderobe und vor dem Eingang zur Ausstellung jeweils nochmal das gleiche Spiel.

Endlich vor dem ersten Bild. Reiter am Strand (rosa) von Gauguin. Und "Exotische Sagen". Und dann gleich ein Van Gogh. Im Garten der Nervenheilanstalt. Ein Treffen mit, wie man meint, alten Bekannten, manch eines schon so oft gesehen - aber in echt ist es doch was ganz anderes. Hinein.

Alle da. Signac, Cezanne, wieder Van Gogh, Matisse, Derain (hier neu wahrgenommen), dann Pechstein, Heckel, Schmitt-Rottluff, Kirchner, Nolde, später Kandinsky, Münter, Werefkin, Marc - und natürlich von besonderer Intensität bei doch ganz anderer Palette: Munch. Allein für Munch lohnt jeder Weg.

Das Ausstellungsdesign natürlich highly sophisticated. Riesige glatte Wände in Grauabstufungen, Abschnittstitel in weißer Antiqua. So muss das heute. Ist ja die Kulturhauptstadt Essen. Deckenhöhe etwa 7 Meter.

Um so mehr scheint sich manches Bild so gar nicht um diesen seinen teuren Rahmen zu kümmern. Schnell und wild, bunt und lustig, alle zehn Minuten eine Landschaft oder ein Akt fertig von der Staffelei, so scheint es fast, besonders bei Heckel, ein paar von dem seinen Gemälden sind ja fast Betrug!

Ja, die Herrschaften Freiluft-Expressionisten würden sich ins farbverschmierte Fäustchen lachen, könnten sie sehen, wie man ihren Leinwänden hier gigantomanisch den Hof macht. Zu ihren Zeiten wurde ja meist nur wortgewaltig zerrissen oder schallend verlacht. Deshalb steckten ihre Galeristen die Bilder auch immer sofort nach Trocknung in besonders schwere, schwülstige, gern güldene Barockrahmen, um sich gegenüber der arrivierten Salonmalerei nicht ins Abseits schieben zu lassen. Wie wir heute wissen, ging dieses Konzept letztlich auf. Kunstcharakter zweifelsfrei anerkannt und verbrieft.

Immer derselbe Effekt - wenn ich Malerei dieser Zeit in Ausstellungen sehe, möchte ich die Bilder so gerne aus den Rahmen herausnehmen, so manch eines wird von der breiten, geschnitzen Wucht völlig erschlagen. Und im besseren Fall wirkt es schlichtweg komisch, locker zwischen zwei Pfeifchen dahingestreifte Badende von schwarz lackierter, zehnfach abgetreppter Goldleisten-Bedeutungsschwere "hervorgehoben" zu sehen.

Und die Leute! Ach! So viele auf einmal. Und alle so kultiviert, gepflegt, teuer, gediegen, teils geschmackvoll ausgefallen, und nicht wenige pittoresque mit Headset und Audioguide ausgestattet. Sie bildeten pausenlos lebendige, hin und her wogende Gruppenbilder - Thomas Struth hätte eine Aufnahme nach der anderen machen können. Beim schnellen Passieren eines übervollen Raumes meinte meine Nase, nacheinander verschiedene Blumenwiesen durchquert zu haben. Ich selbst trug ein weißes Hemd, eine schwarze Hausstrickjacke und einen rot gestreifen Strickschal, den ich mir offen wie eine Stola über die Schultern legte. Ich glaube, ich passte einigermaßen gut in diese merkwürdige Kunstwelt.

Innerhalb unserer Familie zeigten wir uns gegenseitig Lieblingsbilder (bei mir letzten Endes ein vorher nie gesehenes von Franz Marc), diskutierten über Bildwirkungen und teilweise auch einzelne Pinselstriche. Zumindest einmal gelang es uns, den Sicherheitsdienst zu mahnenden Worten bezüglich des einzuhaltenden Betrachtungsabstandes herauszufordern. Möglich ist das noch bis zum verlängerten Ausstellungsende am 20. Januar:

http://www.folkwang-im-farbenrausch.de/de/ausstellung/ausstellung.html







 
 
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