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Professionelle Jagdethik
Eine Giraffe wollte ich zeichnen und suchte daher im Netz nach einem schönen Bild.

Unversehens erblickte ich eines, auf dem eine Giraffe in einer merkwürdigen Pose zu sehen war. Sie lag wie hingefallen auf dem Boden, zusammengesunken, mit umgeknicktem Halse. Hinter ihr zwei lachende menschliche Gesichter und Gewehre. Die Giraffe war tot und die beiden Menschen posierten mit ihrer "Trophäe".

Zwischen dieser zeitgenössischen Aufnahme und den allseits bekannten Safari-Fotos etwa aus dem 19. Jahrhundert war kaum ein Unterschied festzustellen. Naja, heute sind Fotos farbig.

Ich war auf der Seite eines deutsch-namibischen Anbieters klassischer Jagdsafaris gelandet. In langer Reihe wird hier aufgelistet, was es dort alles an "Trophäen" zu schießen gibt: Antilopen, Warzenschweine, Zebras, Giraffen, Gnus und so weiter. Goße, prächtige, ehrfurchterregende Tiere, teils mit wunderschönen langen Hörnern. Aber auch kleine zarte Wesen wie das Steinböckchen oder der Kronenducker, Fluchttiere.

Präsentiert werden sie allesamt in totem Zustand gemeinsam mit denen, die ihr Leben beendeten, eine schier endlose Reihe der immergleichen klischeehaften Pose, und das in einer umfangreichen, gut sortierten Fotogalerie. Man kann sie sich alle genau anschauen, diese Homo sapiens, die da mit ihren High-Tech-Flinten in die Steppe ziehen, Deutsche, Amerikaner, Argentinier, Männer in der Hauptsache, hier und da ein Ehepaar, manche in Tarnfarben gekleidet - und alle haben sie dieses Grinsen im Gesicht, mit dem sie über die Kreatur vor ihren Füßen triumphieren ...

Diese Leute schämen sich nicht. Ganz im Gegenteil. Sie stehen stolz zu dem, was sie tun. In der Galerie "Gäste" sind daher unter vielen Fotos Name und Email-Adresse aufgeführt.

Wer sich diese Menschen ansehen möchte:
http://omatjete.com

. . .

Ein Satz findet sich auf dieser Website mehrfach:
"Die Jagd auf allen unseren Farmen wird unter Berücksichtigung der professionellen Jagdethik betrieben und nur wenn ausreichend Tiere der gewünschten Art vorhanden sind."
Was das jedoch genau bedeutet, "professionelle Jagdethik", darauf wird mit keiner Silbe eingegangen.

Ich kann mir das in etwa vorstellen, die Argumente der Jäger sind ja stets die gleichen. Menschen hätten immer gejagt, das sei kein Unrecht, heute jage man zudem mit ökologischem Bewußtsein. In den großen Reservaten Afrikas beispielsweise könnten Arten schnell zahlenmäßig überhand nehmen, dann müsse man sie kontrolliert abschießen. Nur durch die "Pflege" des Bestandes, könne das Gleichgewicht erhalten werden. Deshalb sei die Jagd eine wichtige und unverzichtbare Angelegenheit und der Jäger im Grunde der wahre Tierfreund, Umweltschützer und Förster in einem ...

Zu Punkt 1:

Na klar, haben Menschen immer gejagt, das tun sie seit zehntausenden Jahren - um Fleisch zu essen. Doch ein Tier zu erlegen, vielleicht gar eines der großen, war klassischerweise alles andere als einfach, es erforderte viel Geschick, Kraft und Wagemut. Es war gefährlich und keine alltägliche Beschäftigung. Diese Jäger der alten Zeit hatten daher großen Respekt vor den Kreaturen, die sie mit ihren einfachen, selbst gefertigten Waffen erlegten; sie jagten nur um ihres Überlebens und des ihrer Familie willen. Und sie baten ihre Beute um Verzeihung. Die in Namibia lebenden Khoi-San tun das bis heute.

Wenn nun aber gut genährte Wohlstandsmenschen mit dem Flugzeug einfliegen, um mit ihrer im Sportgeschäft gekauften Spezialausrüstung einen tonnenschweren Büffel wegzupusten - dann tun sie das einzig und allein zu ihrem Vergnügen.
Man schaue nochmal auf die Fotos ...

Zu Punkt 2:

Es stimmt, dass die Tierbestände in den afrikanischen Reservaten, genau wie die im deutschen Walde oder an anderen Orten der Welt, kontrolliert werden müssen. Das liegt daran, dass diese Art der "freien" Tierhaltung sehr leicht umkippen kann. Unter den vom Menschen geschaffenen künstlichen Bedingungen auf einem begrenzten Areal kann eine Art sich plötzlich zu stark vermehren und einer anderen den Lebensraum nehmen oder die natürlichen Ressourcen überanspruchen, so dass plötzlich alle zu verhungern drohen. In manchen Reservaten kämpft man zum Beispiel mit dem Problem, dass es dort inzwischen viel zu viele Elefanten gibt. Die vor Jahren noch stark gefährdeten grauen Riesen sind inzwischen durch menschliches Zutun so zahlreich geworden, dass sie die Steppe völlig "überweiden".

Und warum ist das so? Der Grund ist ganz einfach, dass es so etwas wie eine natürliche Umwelt mit einem natürlichen Gleichgewicht, also eine sich selbst regulierende Natur, ja gar nicht mehr gibt! Der Mensch hat diesen Planeten und sein Ökosystem mit brachialer Gewalt aus der Ballance geworfen. Es gibt keinen Flecken mehr, der nicht seinem Einfluss unterliegt und nachhaltig verändert wurde. Die Welt ist nicht mehr die, die sie noch vor 150 - ach, was sage ich - vor 100 Jahren war. Was in dieser Zeit geschah, lässt sich nie mehr rückgängig machen, und es geht immer noch weiter. Die alte Ordnung, zum Beispiel im Tierreich, ist praktisch ausgehebelt. Sich selbst überlassen, werden zahllose Arten einfach aussterben. Wenn der Mensch ein Interesse daran hat, bestimmte Tierarten auch weiterhin in freier Wildbahn zu sehen, dann bleibt ihm gar nichts anderes übrig, als selbst "Natur zu spielen" und mit gezielten Maßnahmen ein fragiles künstliches Gleichgewicht zu erzeugen. Verflixt schwierig ist das. Allzu oft geht's auch schief. Mittel zum Zweck sind da Zäune, strategische Umsiedlung von Tieren, Fütterung, gesteuerte Sterilisierung und, im äußersten Fall, eben auch die Bestandsregulierung durch Abschießen.

Nur bin ich meinerseits jedoch der Ansicht, dies sollte, wenn überhaupt, doch in den Händen ausgebildeter Wildhüter und Förster im klassischen Sinne liegen, die wissen, was sie tun und warum sie das tun. In den seltensten Fällen, so denke ich, werden diese sich grinsend mit den planmäßig erlegten Tieren in herrischer Pose fotografieren lassen.

Doch Menschen gibt's ...

Meine Mutter berichtete einst von der Begegnung mit einem Mann, der ihr erzählte, in Alaska gäbe es regelmäßig eine Überpopulation von Robben. Daher sei es notwendig, dass Menschen wie er, ein gutverdienender Deutscher jenseits der 50, dorthin flögen, um vom Boot aus Robbenbabys abzuknallen. Er mache das fast jedes Jahr.

. . .

Ich wollte doch eigentlich nur eine Giraffe zeichnen. Dem werde ich mich nun widmen. Ich hatte so eine Wut. Doch dem Homo sapiens, dem "weisen Menschen", waren das für heute genug der Worte.







 
 







 
 
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