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09 12
Die Zeit kommt nicht wieder
Die Familie meines Vaters ist groß. Doch während meiner gesamten Kindheit und Jugend war mein Kontakt und der meiner Geschwister zu dieser Seite der Familie, einer immerhin stattlichen Reihe von Onkeln und Tanten und ihren Familien, eher gering, wenn überhaupt vorhanden. Einige von ihnen habe ich bis heute nicht kennengelernt.

Geburtstage und Feiertage verbrachten wir stets mit der Familie unserer Mutter, ihren Eltern und Geschwistern, diese waren uns aus irgendeinem Grunde näher. Vielleicht ganz einfach weil sie alle in ihrer Heimatstadt Gelsenkirchen geblieben sind, während es die meisten Geschwister meines Vaters in die Ferne gezogen hat, nach Hessen, Baden-Württemberg, Südafrika und in die USA. Vielleicht ist aber auch meine Verwandtschaft mütterlicherseits mehr „von hier“, jedenfalls habe ich sie als Kind stets als nah und vertraut empfunden, während die Verwandtschaft meines Vaters geheimnisvoll und „anders“ blieb. Ein anderer Menschenschlag. Oder, je nach Betrachtung, gleich mehrere.

Wenn ich mich im Spiegel betrachte, sehe ich deutlich, dass ich viel von meines Vaters Seite habe.

Meinen Großvater väterlicherseits habe ich nicht kennenlernen können, weil er starb, als mein Vater noch ein kleiner Junge war. Erst kürzlich noch habe ich meinen in Kassel wohnenden Onkel, den ich inzwischen durch einige Besuche noch am besten von ihnen allen kenne, nach ihm befragt. Wie er denn so war, als Mensch? Sehr freundlich und fürsorglich sei er gewesen. Und er habe im Chor gesungen.

Man sagt, die Gene übersprängen die Generationen. Was steckt in mir, wovon ich nicht weiß?

Vor einiger Zeit war bereits ein kleiner Kontakt zu meinem mir gänzlich unbekannten Onkel in Baden-Württemberg entstanden, ausgelöst durch einige alte Fotos aus Familienbeständen, die ich ins Netz gestellt hatte. Er schickte mir im Nachgang dazu einige Bücher für meine „Gelsenkirchenforschung“. Dann, vor nur einer Woche, plötzlich ein Anruf. Er komme nach Gelsenkirchen und wolle mich treffen. Noch ein paar Bücher wolle er mir schenken und mich kennenlernen. Wir vereinbarten, dass er mich am Montagabend noch einmal anrufen würde und dann am Dienstagabend zu mir käme.

Er kam jedoch bereits am Wochenende mit dem Auto nach Gelsenkirchen und fuhr zu seiner Schwester, die bis heute in dem Haus wohnt, in dem mein Vater und alle seine Geschwister aufgewachsen sind. Es war für ihn also buchstäblich eine Rückkehr nach Hause, in das Haus seiner Kindheit.

Er machte einen Ausflug mit seiner Schwester und ihrem Mann und besuchte alte Bekannte aus Jugendzeiten. Später aßen sie gemeinsam zu Abend und unterhielten sich noch lange. Er sagte, am nächsten Morgen, dem Montag, wolle er um 8 Uhr aufstehen, und ging zu Bett.

Am Morgen wartete man jedoch vergeblich auf ihn. Gegen 10 Uhr fragte man sich ernstlich, was denn los sei, und klopfte an seine Tür. Doch er lag im Bett und lebte nicht mehr. Er war im Schlaf gestorben.

Das alles erzählte mir später mein Vater: „Er kommt nicht mehr.“
Mitte 70 ist er geworden.

Beinahe hätte ich meinen Onkel persönlich kennengelernt. Doch buchstäblich im letzten Moment kam es anders. Nun ist es nicht mehr möglich.
Die Zeit kommt nicht wieder.

Gerade ruft mich mein Vater an. In einigen Tagen wird mein Onkel an seinem Wohnort in Baden-Württemberg beerdigt. Wir fahren hin - mit seinem Auto.

Ich werde dort sicher einige mit mir verwandte Menschen erstmals kennenlernen.

Die Zeit geht weiter.







 
 
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