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05
08 12
Künstler auf Baumstumpf
Das Bergkloster in Bestwig kann man durch den Haupteingang betreten - und durch eine versteckte Hinterpforte wieder verlassen. Zweiteres ist wesentlich charmanter (und heimlicher) als Ersteres.
Hierzu folgt man einem kleinen, vom Klostergelände abzweigenden Pfad ins Gebüsch. Zuerst einmal führt der Weg ein paar Meter dicht am Zaun entlang, dann erreicht man eine unverschlossene Pforte. Hindurchgetreten steht man noch immer quasi im Gebüsch, obwohl hier bereits ein offiziel ausgezeichneter Wanderweg verläuft, an dieser Stelle jedoch für den Uneingeweihten unsichtbar und mehr auf Trampelpfad-Niveau. Wiederum dicht am Zaun, nun jedoch an seiner Außenseite, läuft man, Brenesseln ausweichend, den Berg hinauf und steht schließlich am Waldrand oberhalb des Klosters. Dieses ist beim Blick zurück gänzlich hinter Bäumen verschwunden, allein der hohe, schmale Giebel der klösterlichen Friedhofskapelle ragt aus dem weiten Grün.

Ein schöner Ort.

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Zum Zeichnen in der freien Natur kommt man übrigens, indem man absichtlich ohne Fotoapparat verreist. Anders habe ich mich selbst bisher kaum dazu bringen können.

Die erste während meines Klosteraufenthaltes entstandene Zeichnung ist diese hier:


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Ich war oberhalb des Klosters dem erstbesten Weg gefolgt. Rechts von mir blickte ich über ein tief eingeschnittenes Flußtal hinweg auf den nächsten Bergrücken. Bisweilen erlaubte der üppige Bewuchs des Wegrandes kurze Blick auf einen im Tal liegenden Hundeübungsplatz. Ich blieb ein paar Minuten in der Sonne stehen und sah ganz einfach dem Treiben dort unten zu. Zeit fließt nicht regelmäßig. Einen Begriff wie etwa "Verschwendung" kennt sie nicht. Hund und Mensch - Mensch und Hund - ein komplexes Spiel, das letztlich nur funktioniert, wenn es auf Beiderseitigkeit beruht ...

Die nächste Wegbiegung lag etwas exponiert vom Hang herausgeschoben unterhalb einer "Kyrill-Fläche", sprich eines von dem legendären Sturm vor ein paar Jahren umgeblasenen Waldstücks, nun üppig von allerlei kleinen, blühenden Lichtungs-Pflanzen besiedelt. Der Blick hinüber an dieser Stelle war schön und ging auf einen Steinbruch. Ein Baumstumpf am grünen Hang bot einen bequemen, erhöhten Sitz, den ich sogleich einnahm.

Die Zeichnung war vielleicht zur Hälfte fertig, da bog eine Gruppe von Kindern und Jugendlichen mit Betreuern "um die Ecke". Wie ich da zeichnend, mit übereinandergeschlagenen Beinen, aus dem Grün herausgehoben auf meinem sonnigen Baumstumpf saß, muss ich wohl etwas märchenhaft ausgesehen haben. Bart und lange Haare habe ich, da fehlten sicher nur noch spitze Ohren und buschige Augenbrauen um aus mir irgendein Waldwesen zu machen.
Jedenfalls wurde sofort gefragt, ob man mal aufs Blatt gucken könne. Ich zeigte. "Boah! Gelernt oder nur so?" Geübt, gab ich zur Antwort.
Als die Gruppe weiterzog, blieb ein Mädchen zurück und hielt mir einen Stein entgegen: "Guck mal, hab ich gefunden. Da ist ein versteinertes Blatt drin." Ich bewunderte.

Als ich Stunden später nach langem Umherstreifen (inklusive im Kreis laufen) wieder durch die heimliche Hinterpforte aufs Klostergelände zurückkam, empfingen mich Kinderstimmen: "Sie sind doch der Künstler aus dem Wald. Wohnen Sie auch hier?"
Siehste! Hab ich's doch immer gewußt, dass ich Künstler bin! Braucht es mehr Beweise?






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Der ewige Zweifel
Ich habe es in dem Punkt einfacher als Du - ich wollte nie Künstler sein.

Kulturschaffende - ja, Kulturvermittlerin auch.

Aber nie Künstler.
Der Künstler, das solitäre Wesen in seiner Welt der erdachten und selbst geschaffenen Dinge - für mich und mein Wesen zu einsam, abkapselnd und auch angstbehaftet.
Zu ex-klusiv die eigene Welt, vielleicht verliert man sich darin, verliert den Anschluss an die anderen - wird und wirkt merkwürdig - spleenig.

Als ich früher viel Zeit mit Malen und Zeichnen verbracht habe, häufig auch für den Kunstunterricht, der bei uns in stundenlangen Hausaufgaben weitergeführt wurde, war ich nach diesem kunstschaffendenen Prozessen "gar nicht mehr da". Es war alles unwirklich um mich herum, wie nach einem überlangen Kinofilm oder kurz nach dem Aufwachen aus einem intensiven Traum - das gefiel mir aber so gar nicht.

Ich bin gerne im Leben unterwegs und möchte mich nur zeitbegrenzt versenken, Kunst neben Kochen, waschen und Klassische Musik, Natur und Arbeitstag.

Wer vermag es zu sagen, dass ein Mensch ein Künstler ist, wenn nicht der Künstler selber?

Die Spannung zwischen Künstler - Lebenskünstler muss ja nicht unbedingt aufgelöst werden. Thomas Mann schaffte Kunst wie andere Akten bearbeiten - nach festem Tagesrhythmus.
 
Ich könnt's nicht schöner sagen, deshalb leihe ich mir seine Worte:
"Und in meiner Narrheit fand ich Freiheit und Sicherheit: die Freiheit der Einsamkeit und die Sicherheit vor dem Verstanden werden. Denn diejenigen, welche uns verstehen, versklaven etwas in uns. Aber ich will nicht zu stolz sein auf meine Sicherheit, denn auch ein Dieb ist im Kerker sicher vor einem anderen Dieb."
aus "Der Narr" von Khalil Gibran
 
Rolle rückwärts
Nun stellt das Kloster diese Texte auf seiner Seite aus - eine Frau hatte sie hier gefunden......

http://www.facebook.com/SMMPde

Waren es nicht noch ein paar mehr Zeichnungen.....:-)
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