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Wie im Fluge
Auf meiner Eintrittskarte stand "Reihe 3". Im Saal des Düsseldorfer Savoy-Theaters stellte sich jedoch heraus, dass man die Reihen 1 und 2 zugunsten einer erweiterten Bühne abmontiert hatte und ich also unerwartet ganz vorne saß. Mein Platz lag auch noch direkt vor dem Mikrophon, hinter dem kurz darauf Kurt Wagner, der Kopf der Gruppe Lambchop, Platz nahm. So hatte ich den ganzen Abend über Gelegenheit, diesen eigenwilligen Künstler aus nächster Nähe in Aktion zu beobachten.

Fügungen.

Drei Stunden zuvor noch hatte ich mich in Rotthausen auf dem Wege zu unseren Proben unabsichtlich und hart ins herbstliche Ahornlaub gelegt. Ein Paketriemen aus Kunststoff war aus den Blättern aufgetaucht und zum perfekten Fallstrick geworden. Ein "Anschlag", der jedoch nicht hatte verhindern können, dass wir an diesem Abend in der Ev. Kirche Rotthausen zum ersten Mal das "letzte Abendmahl" probten.

"Tut dies, um an mich zu erinnern ..."

Von dort aus der Sprung Richtung Düsseldorf Innenstadt. Schon im Zug Englisch, Spanisch, Japanisch und Afrikanisch. Dann plötzlich in einer "Stadt". Durch farbig glitzernde Straßen voller auffälliger Streetart und effektvoll angestrahlter Palmen auf Verkehrsinseln unter einem mondänen Neonschriftzug durch ein Fifties-Portal hindurch in diesen großen Kinosaal direkt vor Kurt Wagners Höckerchen - etwas unwirklich.

Umso wirklicher und selbstverständlicher dieser Mann. Er hob sich so deutlich von seinen Bandkollegen ab.

Da war der Klavierspieler, der bereits auf den ersten Blick so wirkte wie einer, der gern mal zotige Witzchen erzählt - was er dann auch prompt zur Auflockerung des Abends tat, lakonischer Männerhumor über Penisse und Mormonen. Dann der smarte Multiinstrumentalist, der zwischen Klarinette, Querflöte, Melodica, Saxophon, Gitarre und Klein-Percussion hin und her wechselte. Der Hornbrille tragende Keyboarder, der an diesem Abend kaum mehr beitrug als ein paar leise orgelartige Piepstöne. Der stille Bassist mit den langen Haaren. Und schließlich der Bionade trinkende Schlagzeuger, in dessen Hand man praktisch nur den Besen sah. Alle für den Abend feingemacht.

Nur Kurt Wagner, der "Chef", erschien, wie es wohl seine Art ist, völlig unprätentiös. In bodenständigen braunen Boots, einfacher Stoffhose, Wollpullover mit daraus hervorlugendem Hemdkragen und der für ihn typischen Cap mit der Aufschrift "Co-op Horse Feeds". Sein Line-Up bestand aus einem Stapel reichlich zerfledderter teils handschriftlicher Zettel, die im Laufe des Konzerts einer nach dem anderen sorgfältig beseite und nach dessen Ende in ein abgestoßenes braunes Köfferchen gelegt wurden.

Was mich den ganzen Abend über nicht losließ, war - neben seiner Stimme - seine Art sich zu bewegen. Wie soll man dies beschreiben? Vielleicht als eine besondere Weise, in der selbst erzeugten Musik auf- und mitzugehen. Kleine Bewegungen, oft minimal, auf kleinstem Raum, und doch immanent kraftvoll. Dabei auch nicht wirklich rhythmisch, und doch auf eine eigene Art tänzerisch. Dazu der eine oder andere "unhörbare" Griff auf der Gitarre, als würden auch diese "Töne" zur Musik gehören. Nach Ende eines Stücks oft ein ganz kurzes verbeugendes Nicken in Richtung Publikum, scheinbar mehr weil das so erwartet wird, als dass es dem Künstler das Wichtigste wäre.

Ein Besonderer.

Die Musik an diesem Abend: sehr athmosphärisch, sehr ruhig, sehr langsam. Manches Instrument wurde fast unhörbar leise gespielt, bisweilen war noch ein Verstärkersummen lauter. Alles in allem eine Widmung an das Flüchtige, Momentane, was Musik ja nun mal ist.

Irgendwann war das Konzert plötzlich zu Ende. Keine Zugabe. Verklungen. Fertig. Gefühlt hatte es höchstens zwanzig Minuten gedauert.

"It's the kind of day you never wake up from"







 
 
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