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Pour passer la Mélancolie...
Das wäre ein Abend für Jürgen Kramer gewesen.

November. Der graue Monat. Die Tage werden kurz, die Luft ist kalt, die Zeit scheinbar langsamer. Ein langer, stiller Monat kurz vor dem Jahresausklang. Für manche ein Monat, in dem der Tod bedacht sein will, für andere auch eine Zeit der grauen Stimmungen unter den Lebenden. Melancholie hält Einzug.

Der November ist nicht wie andere Monate. Man weiß im Vorfeld nie, was er bringt. Im guten Falle ruhige Besinnung, im schlechten Betrübnis, Zerwürfnis und Hoffnungslosigkeit.

In Anbetracht des nahenden Novembers, und gewissermaßen als "Gesundheitsvorsorge", lud mich eine Freundin, der auf diesem Wege noch einmal dafür gedankt sein soll, dieses Jahr bereits Ende Oktober zum einem Cembalo-Konzert ein. Titel: "Pour passer la Mélancolie..." - die Melancholie zu durchschreiten.
Ein lokales Bestattungsunternehmen hatte dieses "aus Liebe zur Musik" sowie "nicht zuletzt" aus Anlass seines Firmenjubiläums in der Pfarrkirche St. Peter und Paul in Herne-Bördig organisiert. Diejenigen also, die stets nah am Tode arbeiten, luden ein, sich geistig für die dunkle Jahreszeit zu rüsten - mit Cembaloklängen.

Die Pfarrkirche St. Peter und Paul empfing uns sehr farbig und stimmungsvoll. Sogar geheizt hatten sie. Wir betraten eine von innen ungewöhnlich helle, großzügige Kirche, deren Hauptschiff den Blick wie von selbst nach oben zieht. Es gibt einen besonders aufwändigen und prächtigen Klappaltar und die Orgel steht seltenerweise nicht unter dem Turm, sondern links im Seitenschiff und ebenerdig.

Die Solistin des Abend war eine polnische Interpretin barocker Musik, Ewa Mrowca.

Ein ganzes Konzertprogramm, gespielt nur auf dem Cembalo - das kann unter Umständen auch einseitig sein. Doch nicht so an diesem Abend. Die nadelartig metallischen Klänge des klassischen Instruments schillerten durch den Kirchenraum wie feine Fanale gegen die Trübsal der Jahreszeit. Geisteraustreibung.

Das wäre ein Abend für Jürgen Kramer gewesen.

Aufgrund des gesetzten Themas "Die Melancholie zu durchschreiten" lauschte man natürlich besonders auf das Wechselspiel zwischen den Tongeschlechtern Moll und Dur. Eines löste das andere ab, sich ergänzend sozusagen, Hell und Dunkel sich bedingend.

Besonders im Ohr blieb die "Passacaille" von Louis Couperin (1626-1661), die natürlich schon aufgrund ihrer Bezeichnung (spanisch pasar una calle "eine Straße entlang gehen") bestens in den Abend passte. Sie betörte durch ihr fast hymnenartiges Hauptmotiv, das, ein ums andere Mal wiederholt, wie ein frohes "Statement" im Raum stand. Spannend auch, wie dieses Motiv gegen Ende in seinem Mittelteil unvermittelt in Moll verwandelt wurde, um dann aber doch wieder in triumphalem Dur zu enden.

Die Passacaille war ohne Frage das Stück des Abends und wurde dementsprechend als Zugabe noch einmal wiederholt. Der November kann kommen!

Später habe ich über Internet nach diesem Stück gesucht. Ewa Mrowca ist hier leider nicht so sehr präsent, zumindest nicht hörbar, etwa auf den einschlägigen Videoportalen, die sonst doch kaum Wünsche offen lassen. Dafür fand ich die Passacaille in verschiedenen Versionen anderer Interpreten, doch zu meiner Überraschung stets deutlich langsamer gespielt, als in Peter und Paul zu hören gewesen war. Kein "Marsch", eher ein "bummelnder Spaziergang".

Ich frage mich, ob das womöglich der ursprünglichen Notation des Komponisten entspricht und das gesteigerte Tempo dort in der Kirche Ewa Mrowcas ganz eigene Interpretation war?

Ein Video nach dem anderen habe ich mir angehört - und vernahm stets nur salbungsvoll langsame Klänge. Es ist ja auch so ein schönes Stück - aber einfach nicht dasselbe...

... Bis ich dann endlich diesen Herrn hier fand. Sein Spiel erinnert mich noch am ehesten an das von Frau Mrowca, obwohl man auch hier in Gedanken noch eine gute Schüppe Temperament und Geschwindigkeit drauf legen kann. Einen Tacken schneller bitte!

Naja. Gewisse Momente sind nunmal medial nicht wiederholbar.
Dennoch.



Wünsche allseits eine gute Zeit.






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